Heidi als Nichtraucherin

08. Januar 2006 – ein Sonntag.
Eine verzweifelte, die Räume ihrer Wohnung durchwandernde Frau (ich), hat das Mobilteil ihres Festnetztelefons am Ohr und hofft inständig und hochkonzentriert auf das Ende der Warteschleife in der sie grad hängt. Die Erlösung – eine männliche Stimme meldet sich:

Männerstimme: „Apotheken Notdienst – was kann ich für Sie tun?“ Verzweifelte Frau: „Ich brauche Ihre Hilfe, ich rauche seit 1 Woche nicht mehr und benutze Nikotinpflaster. Es geht mir nicht gut… mir ist schlecht und schwindelig und ich bin unruhig. Was soll ich tun? Haben Sie was um mir zu helfen?“
Männerstimme: „Ich hab nur einen guten Rat.
Verzweifelt Frau: „Ja? Ok den nehm ich auch.“
Männerstimme: Fahren Sie zur nächsten Tanke und kaufen Sie sich eine Schachtel Zigaretten!“
Verzweifelt Frau: „Ernsthaft?“
Männerstimme: „Ernsthaft.“
Verzweifelte Frau: „Danke – einen schönen Sonntag noch.“

Manchmal muss man auch tun was ein Mann einem sagt – war das nicht einer der berühmten Ratschläge meiner Mutter? Bestimmt. Mit einem treffsicheren Wurf aus dem rechten Handgelenk fliegt das Mobilteil des Telefons von der Diele aus auf die Couch im Wohnzimmer, während die rechte Hand unsanft die Jacke von der Garderobe zieht und ein Fuß schon aus dem Pantoffel rutscht und den Weg in einen der Sneekers am Boden vor der Garderobe sucht. Wo sind die Autoschlüssel? Ah… in der Jackentasche und die Geldbörse auch. Das ist gut. Ich muss vorsichtig fahren. Ich bin verwirrt. Während ich die Treppen aus dem 2. Stock zum Auto runterhaste ist das Gespräch mit dem Apotheker wieder present und ein wahnsinniger Gedanke bricht sich Bahn durch das Chaos das grad in meinem Hirn herrscht: ich kann Menschen über Kilometer nur mit meinen Gedanken beeinflussen, dass sie am Ende das sagen was ich hören will. Ich lache wie irre. Schade, dass diese Fähigkeit offensichtlich nur bei den Männern des Apotheken Notdienstes sicher funktioniert. Immer noch grinsend steige ich in mein Auto und düse zur Tanke.
Eine 1/4 Stunde später sitze ich in meinem Auto und rauche die 1. Zigarette nach einer Woche. Waaah schmeckt das eklig, aber da muss ich jetzt durch. Soviel also zu den „guten Vorsätzen für 2006“ – dabei wollte ich doch nur Nichtraucher sein, wenn ich im Mai 50 Jahre alt werde.

Time for Changes – hatte ich so gedacht – neu durchstarten… das übliche was man sich so Silvester selbst ins Ohr flüstert. Natürlich war ich diesmal vorbereitet gewesen. Die Nikotinpflaster lagen gekauft und bereit im Spiegelschrank im Bad. Teuer waren sie gewesen, aber was billig oder umsonst ist taugt ja bekanntlich nicht. In der Silvesternacht hatte ich um 24 Uhr das Feuerwerk über Bochum von meinem Dachfenster aus beobachtet – den Sekt in der Linken, die letzte Kippe in der Rechten und kam mir vor als wäre ich Christoph Columbus und hätte grad Amerika entdeckt. „Ja das wars zum Thema Rauchen meine Liebe“ – erzählte ich mir dabei – als wäre alles bereits lange beschlossen und verkündet und nicht mehr zu ändern. „35 Jahre sind lang genug geraucht“ Und jetzt saß ich hier im Auto, kaum eine Woche später und rauchte.. wieder. „Wahnsinnsleistung – immerhin fast 1 Woche“ – machte ich mich über mich selbst lustig. Aber nun mochte ich nicht mehr lachen. Ich zitterte, die Strecke war zu kurz gewesen um die Heizung des Autos mit der nötigen Motorwärme zu versorgen. Oder war das die Situation in der ich grad war? So eine Enttäuschung. „Das war höhere Gewalt“ redete ich mir ein „sieh doch ein, dass man nach 35 Jahren rauchen nicht einfach aufhören kann und Willenskraft war nie eine Deiner herausragenden Eigenschaften“. „Soll mich das trösten?“ fragte ich mich im stillen Zwiegespräch. Meine Gedanken flogen zum folgenden Tag. Morgen ging der Job wieder los und ich würde zum Rauchen wieder auf den Hof gehen müssen und meine Kollegin würde mich beim Jacke anziehen fragen: „Wolltest Du nicht aufhören mit Rauchen Silvester?“ Und ich werde antworten: „Ach man weiss ja was man von solchen Silvester Aktionen zu halten hat.. sie klappen selten. Ist nach wie vor Projekt – mal schaun wann ich daran gehe.“ Ich klappte diese Gedanken zur Seite und startete meinen Wagen wieder. Wieder zu Hause beschloss ich das Thema „Rauchen aufgeben“ aus meinem Leben zu verbannen. Immerhin würde ich bald 50 und ich wurde zu alt für solchen unnötigen Stress. Dann würde ich halt weiterrauchen bis man hinter mir das Licht ausmacht und ein neues vor mir angehen würde. Beschlossen und verkündet.